Eigener Shop für Fotografien – ja oder nein?

Heute bekam ich eine Email mit der Frage, ob es sinnvoll sei, auf seiner Webseite einen eigenen Shopbereich aufzumachen, in dem Prints zum Verkauf stehen. Als Vorbild dient ein Fotograf, der „limited edition prints“ auf seiner Webseite anbietet.

„Hierzu meine Frage: Ist dies angemessen oder wirkt es abschreckend oder gar amateurhaft?“

Aus meiner Sicht wirkt das nicht abschreckend oder amateurhaft, aber etwas blauäugig. Man unterschätzt leicht, wie heikel das Verkaufen im Internet ist. Bevor man sich in die Rechtslage einarbeitet, sollte man sich zunächst folgende Fragen stellen:

1. Wer soll die Fotografien kaufen?

2. Kommt derjenige überhaupt auf meine Website bzw. wie kann ich potenzielle Käufer anlocken?

3. Schon mal darüber nachgedacht, warum Galerien im Internet Fotografien zeigen, aber nie Preise nennen?

Leider, leider begehen Fotografinnen und Fotografen (aber auch viele andere Selbstständige) den Fehler, zu sehr an den Preis zu denken. Bei der kommerziellen Arbeit hat das den Effekt, über den Preis zu konkurrieren statt über die Leistung, die mehr umfaßt als nur Fotos zu machen, nämlich die ganze Person, die Kompetenz und die Kooperationsbereitschaft etc.

Im künstlerischen Bereich ist eben auch nicht der Preis ausschlaggebend, sondern das wie auch immer geartete Versprechen, das mit dem Kauf einhergeht. Das kann auch die gute Story sein, die ein Galerist dazu erzählt. In dem Bereich wird man ohnehin erst ernst genommen, wenn der Print 3.000 Euro kostet. In dem angeführten Beispiel kostet er 200 Euro. Ist das viel oder wenig für einen 30 x 45 cm Abzug? Für den Fotografen ist es eher wenig, denn rechnen wir 31,92 Euro Umsatzsteuer ab plus grob im Schnitt 20 Euro fürs Shipping und rund 10 Euro für den Abzug plus Gebühren für PayPal, die Zeit für das Rechnungschreiben, Verpacken und vor allem das Einrichten des Shops mal gar nicht betrachtet, kommt irgendwas zwischen 130 und 140 Euro raus, das auch noch versteuert werden muss. Noch einmal zum Merken: Beim Verkauf von Prints müssen Sie 19 Prozent Umsatzsteuer (nicht 7% !!) einrechnen, auf der Rechnung ausweisen und ans Finanzamt abführen.

Von der Käuferseite aus gesehen kauft man in diesem Preissegment nicht KUNST, sondern ein Motiv. Denn zum WERK gehört ja auch die Präsentation. Da möchte man sehen, wie es wirkt, wie gut oder schlecht der Abzug ist, wie es an der Wand anmutet. Alles Faktoren, die man bei 72 dpi nicht vermitteln kann. Wann gibt man für etwas, das man nicht wirklich gesehen hat, geschweige denn benötigt, 200 Euro aus? Das ist eine Frage, die man sich leicht selbst beantworten kann. Dabei sollte ich erwähnen, dass es generell für Käufe im Internet ein 14tägiges Rückgaberecht gibt. Was also, wenn der Käufer sagt: „Bäh, paßt nicht zur Bettwäsche!“ und den Print zurückschickt? Der Verkäufer trägt dabei die Kosten sowie das Risiko. Bis hier hin möchte ich resümierend sagen: Nur, wenn man die beiden ersten Fragen sinnvoll beantworten und erfüllen kann, lohnen der Aufwand und das Risiko.

Beim von meinem Fragestellenden bewunderten Shop gibt es allerdings Mängel, die schlimmer sind als ein Fehler im englischen Text. Es wirkt in der Tat amateurhaft, limitierte Prints anzubieten, diese Limitierung jedoch nicht zu benennen. Die Größenangaben der Prints stimmen zudem nicht überein. Es fehlen ein Impressum und das Widerrufsrecht, zudem ist die Frage mit der Umsatzsteuer (EU/Ausland) ungeklärt, mithin gibt es gravierende Mängel, so dass ich zum Schutz des Shop-Besitzers den Link zu seiner Webseite nicht, wie geplant, publiziere. Ohnehin gibt es vom Shop keinen Link zur Hauptseite, so dass auch hier wieder eine Chance zur Selbstpräsentation vertan wurde.

Genaueres zum Thema Kunstmarkt steht in meinem Buch „Fotografie mit Leidenschaft“, fast alles zum Thema Selbstmarketing in „Erfolg als Fotograf“. Für die Entwicklung individueller Pläne und Strategien biete ich seit zehn Jahren eine persönliche Beratung an.  Dr. Martina Mettner