Julia Runge: Basterland

ThreeGenerationsOfBasterwomen
„Three Generations of Basterwomen“
Drei Generationen von Basterfrauen posieren für ein Familienportrait in den Bergen von Sam Khubis. Anlässlich der 100-Jahrfeier des Aufstandes gegen die deutsche Kolonialmacht tragen sie ihre besten handgenähten Kleider. Sam Khubis in Namibia, 8. Mai 2015

In Namibia hat Julia Runge ihre Abschlussarbeit an der Ostkreuzschule fotografiert und war damit einer der Gewinner des Popcap ’16. Schon als ich sie für „Fotopraxis mit Perspektive“ interviewte, sprach sie von ihrem Plan, die sich selbst Baster nennende Ethnie in ihrer gefühlten zweiten Heimat Namibia zu fotografieren. Den Bildern sieht man an, dass Julia Runge wie schon bei früheren Aufenthalten mit den Porträtierten lebte und in die Hausarbeit eingebunden war.

Dadurch entstand für sie „das Problem, dass ich durch meinen fehlenden Abstand Bilder sah und als bedeutsam empfand, weil ich hautnah und emotional mit dabei war – aber für Betrachter, die damit nichts zu tun hatten, haben sich die Bilder teilweise nicht erschlossen. Also musste ich mich zwingen, einen gewissen Abstand einzunehmen“, berichtet sie in einem Interview auf Kwerfeldein. Sie hat „Basterland“ analog mit einer Mamiya 645 auf Kodak Portra Filmen erarbeitet. Ein spannendes, aber auch kostspieliges Verfahren. Sie sah ja die Ergebnisse erst zurück in Berlin nach dem Entwickeln und Scannen. 50 Motive hat sie in ihrem selbst verlegten Buch veröffentlicht, das Texte in drei Sprachen enthält und auch in Namibia erfolgreich verkauft wird. Ich bat die 1990 in Berlin geborene Fotografin, die hier veröffentlichten Motive für fotofeinkost zu kommentieren.

Boetie
„Boetie“
Das Bild ist an einem Nachmittag in Rehoboth entstanden. Ich war zu Besuch bei einer einheimischen Familie. Nach dem Essen wollte mir der kleine Sohn der Familie unbedingt sein neues „Spielzeug“ zeigen – ein Skateboard. Obwohl der sandige Boden alles andere als geeignet zum Fahren und das Skateboard gebraucht ist – er war einfach nur glücklich und stolz. Diesen für mich starken Moment musste ich festhalten. Das Bild erinnert mich daran, wie wertvoll die kleinen Dinge im Leben sind und glücklich zu sein mit dem was man hat und kann… („Boetie“ heißt Brüderchen)
AntieFrieda
„Elfriede“
Wie viele Basterfrauen trägt diese Dame Lockenwickler, um die widerspenstigen Haare in Form zu bringen. Die Blumen in ihrem Garten sind ihr ganzer Stolz und passen gleichzeitig zur Kopfbedeckung. Zu sehen ist meine Antie (afrikaans für Tante) Frieda. Ich habe lange Zeit bei ihr und ihrem Mann gelebt und wurde so Teil der Familie. Rehoboth in Namibia, 20. Mai 2015
Bakkie
„Bakkie“
Ein älterer Mann sitzt am Steuer seines Bakkies (afrikaans für Geländewagen). In Namibia herrscht Linksverkehr. Die Sonne stand tief und zeichnete sein Gesicht auf eine ganz besonde Art und Weise. Rehoboth in Namibia, Oktober 2014
AtGaries
„At Garies“
Eine Gruppe Basterkinder spielt in der Dämmerung Fangen. Weder die Dornenbüsche an ihren Kleidern noch die spitzen Steine unter den nackten Füßen stören sie dabei. Nur das Klicken der Kamera ließ sie aufblicken. Im Hintergrund lodert die Fackel anlässlich eines Feiertags. Garies in Namibia, 3. Mai 2015

Baster gingen aus Beziehungen zwischen europäischen Einwanderern und in der Kapregion lebenden Afrikanerinnen, meist Nama- und Khoi-San-Frauen, hervor. Mitte des 19. Jahrhundert zogen sie aus Südafrika ins zentrale Südwestafrika und ließen sich um ihren Gründungsort Rehoboth nieder. Hundert Jahre nach dem Aufstand der Baster von Rehoboth gegen die deutsche Kolonialmacht, gibt der Fotoband „Basterland“ mittels verdichteter Bilder einen facettenreichen Einblick in das gegenwärtige Leben des in Namibia ansässigen Volkes.
Julia Runge: Basterland
Broschur, 20 x 16 cm, 110 Seiten, durchgehend Farbfotografien, ISBN 978-3-941602-94-6 29,95 Euro
Er ist hier zu beziehen.